Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung

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Wer trifft für mich die notwendigen Entscheidungen, wenn ich einen Unfall habe, alt oder krank bin und bestimmte Dinge nicht mehr selbst erledigen kann?

Für den Fall, dass jemand wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen bestimmte Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann und keine anderweitigen Hilfemöglichkeiten (z.B. Vollmacht) bestehen, sieht das Gesetz die Bestellung eines rechtlichen Betreuers durch das Betreuungsgericht vor.

Dieses gerichtliche Betreuungsverfahren kann vermieden werden, wenn eine sog. Vorsorgevollmacht erteilt wird. Darunter versteht man eine sehr umfassene Generalvollmacht, die den gesamten rechtsgeschäftlichen und persönlichen Bereich umfasst. Voraussetzung für die Erteilung einer Vollmacht ist aber, dass der Vollmachtgeber geschäftsfähig ist.

Wenn Ehegatten oder Kinder da sind, muss doch nichts veranlasst werden, oder?

Auch nahe Angehörige (Eltern, Kinder, Ehegatten) sind nicht automatisch befugt, Entscheidungen zu treffen. Der Gesetzgeber hat sich also nicht für ein gesetzliches Vertretungsrecht entschieden (wie z.B. bei Eltern für ihre minderjährigen Kinder). Es ist daher trotzdem eine Vorsorgevollmacht notwendig. um die Bestellung eines gerichtlichen Betreuers zu vermeiden.

Wer ist betroffen?

Der Anteil an älteren Bürgern wächst ständig (fast jeder 4. Bundesbürger ist älter als 60). Dadurch nimmt auch die Zahl an kranken und hilfebedürftigen Personen zu. Aber auch jüngere Menschen können infolge eines Unfalls oder einer schweren Krankheit betroffen sein!

Ist eine so weitgehende Vollmacht nicht gefährlich?

Die Vollmacht ist nur zu empfehlen, wenn zu der bevollmächtigten Person volles und uneingeschränktes Vertrauen besteht, da eine Kontrollinstanz (wie das Betreuungsgericht bei Betreuungsverfahren s.u.) nicht vorhanden ist. Nur bei freiheitsentziehenden Maßnahmen oder besonders kritischen ärztlichen Maßnahmen muss auch die bevollmächtigte Person beim Betreuungsgericht vorab eine Genehmigung einholen.

Diese umfassende Vollmacht ist jederzeit widerrufbar.

Welche Form sollte die Vollmacht haben?

Es ist dringend anzuraten, die Vollmacht notariell beurkunden zu lassen. Nur dann ist gewährleistet, dass sie richtig formuliert ist, dass über die Auswirkungen belehrt wird und dass sie im Rechtsverkehr anerkannt wird. Der Notar vermerkt in der Urkunde auch seine Feststellungen über die Geschäftsfähigkeit d. Beteiligten.

Was kostet die notarielle Vorsorgevollmacht?

Als Geschäftswert für eine umfangreiche General- und Vorsorgevollmacht wird i.d.R. die Hälfte des Werts des Vermögens des Vollmachtgebers genommen. Bei einem Geschäftswert von 50.000.- EUR beträgt die Gebühr für die Vollmacht beispielsweise 165.- €, bei 100.000.- EUR sind es 273.- €, jeweils zzgl. MWSt.. Die Mindestgebühr beträgt 60.- €. Genaueres erfahren Sie bei Ihrem Notar.

Wie läuft ein gerichtliches Betreuungsverfahren ab, wenn eine Vorsorgevollmacht nicht vorhanden ist?

Beim gerichtlichen Betreuungsverfahren müssen zahlreiche Verfahrensvorschriften beachtet werden. Zuständig ist das Betreuungsgericht am Aufenthaltsort des Betroffenen. Es benötigt einen Antrag oder eine Anregung und erledigt alles weitere dann von Amts wegen:

  • es wird ein Sachverständigengutachten eingeholt;
  • es wird ein Betreuer gesucht (meist über die Betreuungsbehörde beim Landratsamt); hierbei haben Wünsche des Betroffenen Vorrang; verwandtschaftliche und persönliche Bin­dungen werden berücksichtigt;
  • d. Betroffene wird vom Notar persönlich angehört;
  • durch Beschluss des Betreuungsgerichts wird der rechtliche Betreuer bestellt; dagegen ist Beschwerde möglich. Spätestens nach 7 Jahren wird geprüft, ob die Betreuung nach wie vor notwendig ist oder nicht.

Bereits vor Durchführung eines Betreuungsverfahrens können in einer Betreuungsverfügung Wünsche hinsichtlich der Betreuung getroffen werden, die grundsätzlich für das Betreuungsgericht bindend sind. Schriftform ist empfehlenswert.

Was sind die Aufgaben eines rechtlichen Betreuers? Wer kontrolliert ihn?

Die häufigsten Aufgabenbereiche sind:

  • Vermögenssorge (finanzielle Dinge einschließlich Bank- und Grundstücksangelegen­heiten, Steuer- und Rentenangelegenheiten, Sozial­hilfeanträge, Wohnungskündigung, usw.).
  • Gesundheitsfürsorge – ohne Genehmigung darf der Arzt nur bei lebensnotwendigen Maßnahmen handeln.
  • Aufenthaltsbestimmung (Suche eines Altenheimplatzes, Entscheidung über freiheitsentziehende Maßnahmen, z.B. Bettgitter, usw.).

Der Betreuer vertritt den Betroffenen in den angeordneten Aufgabenbereichen. Er führt die Betreuung persönlich und selbständig und hat die übertragenen Aufgaben treu und gewissenhaft zum Wohl des Betroffenen und unter Berücksichtigung seiner Wünsche zu erledigen..

Der Betreuer unterliegt der Aufsicht des Betreuungsgerichts. So muss er u.a.

  • einmal jährlich über die persönlichen Verhältnisse be­rich­ten und Rechnung legen über die Einnahmen/Aus­gaben im vergangenen Jahr (bei Eltern und Abkömmlingen als Betreuer genügt statt einer Rechnungslegung die Vorlage einer Vermögensübersicht);
  • bei bestimmten Maßnahmen vorab eine Genehmigung des Betreuungsgerichts einholen (z.B. Grundstücksgeschäfte, Eingehung von Arbeitsverhältnissen, Verfügungen über Sparguthaben, Wohnungsauflösung, frei­heitsentziehende oder schwerwiegende ärztliche  Maßnahmen etc.).

Was kostet die rechtliche Betreuung?

Auch die rechtliche Betreuung ist nicht kostenlos. Nach Abzug von Verbindlichkeiten und eines Freibetrags von 25.000.- € und ggf. eines selbstgenutzten angemessenen Hausgrundstücks wird eine jährliche Gebühr von 10.- € je angefangene 5.000.- € Vermögen, mind. 200.- € an.

Was versteht man unter einer Patientenverfügung?

Unter einer Patientenverfügung wie sie seit 1.9.2009 in § 1901a BGB geregelt ist, versteht man den Wunsch des Patienten, sinnlose lebensverlängernde Maßnahmen zu vermeiden, wenn er sich ohne Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins in einem Zustand unwiderruflicher Einwilligungsunfähigkeit befindet (Selbstbestimmungsrecht des Patienten). Dadurch besteht die Möglichkeit, das Recht auf einen menschenwürdigen Tod durchzusetzen (Problem der „Apparatemedizin“). Die Patientenverfügung muss schriftlich abgefasst werden; notarielle Beurkundung ist auch hier empfehlenswert.

Die Patientenverfügung kann auch Bestandteil einer Vorsorgevollmacht sein, was entweder ohne oder nur mit geringfügigen Zusatzgebühren verbunden ist.

Ist es empfehlenswert, eine Vorsorgevollmacht und/oder eine Patientenverfügung zu errichten?

Keiner von uns ist vor Krankheiten oder Unfällen geschützt; eine Garantie für ein sorgenfreies Altern gibt es nicht. Umso wichtiger ist es daher, die vorstehend angesprochenen Probleme durch vorsorgende Maßnahmen in den Griff zu bekommen. Ein gerichtliches Betreuungsverfahren wird durch eine Vorsorgevollmacht vermieden. Sie ist daher – ggf. mit einer Patientenverfügung – in vielen Fällen geeignet und empfehlenswert, auch für jüngere Personen.

Notar
Wolfgang Fritzenschaft

Zeppelinring 47
88400 Biberach
Telefon 07351 37 44 660
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